Ehemalige Blomberger Bürgermeister
Die Familie Piderit ist eng mit der Stadtgeschichte verbunden
Blomberg ist eine Stadt mit einer langen und bewegten Geschichte, die bis in das 13. Jahrhundert zurückreicht. Zu einer Stadt mit einer dementsprechenden Historie gehört natürlich auch eine lange Liste von Bürgermeistern – und genau die gibt es in der Nelkenstadt tatsächlich.
Den Anfang der ersten Bürger Blombergs machte ein gewisser Hildebrand, zu dem allerdings keine weiteren Angaben existieren, im Jahr 1274. Richtig lückenlos sind die Aufzeichnungen dann ab 1738. Hier übernahm Johann Philipp Theopold das Amt, das er bis 1739 innehatte.
Ihm folgte der 1681 geborene Kaufmann Johann Hermann Piderit, der 1743 starb und sowohl von 1739 bis 1743 als auch zuvor schon von 1722 bis 1724, von 1725 bis 1730 und von 1734 bis 1735 Stadtoberhaupt gewesen war.
Interessant ist daran nicht nur die Tatsache der gleich vier Amtszeiten von Piderit, sondern auch, dass bereits dessen Vater Hermann und Christoph, der Neffe Hermanns und zudem gräflich-lippischer Kanzler, amtiert hatten.
Außerdem folgten später auch noch der Sohn Johann Hermann Piderits mit identischem Namen sowie Enkel Wilhelm Conrad Piderit, der es in zwei Amtszeiten auf die beachtliche Zeit von 20 Jahren an der Stadtspitze brachte.
Aus heutiger Sicht interessant wurde es aber dann erst so richtig ab Friedrich Ludwig Krüger, einem ehemaligen Major, der von 1896 bis 1904 als Bürgermeister fungierte.
Grund: Von Krüger und vielen seiner Nachfolger, darunter Hermann zur Nieden (1904 bis 1909), Willy Steinke (1909 bis 1914), der im Ersten Weltkrieg fiel, und Curt Pönitzsch (1914 bis 1917), existieren Fotos.
Auf Pönitzsch folgten Rudolf Kottmann (1917 bis 1924) und Dr. Hans Volmer (1924 bis 1929) – und dann mit Dr. Hermann Bargob jemand, der die Geschicke Blombergs von 1929 bis 1945 lenkte.
Anschließend begann dann mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine neue Zeit.
Und das auch auf der Ebene der Bürgermeister, die bis 1896 ihre Amtsgeschäfte von zu Hause aus erledigten und kein Amtszimmer im Rathaus besaßen.
Heinrich Fritzemeier sticht heraus
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, dem Zweiten Weltkrieg und dann insbesondere mit dem Sieg der Alliierten ergaben sich in der Folge Veränderungen in der politischen Struktur der Stadtspitze.
Das britische Modell der „Doppelspitze“ des ehrenamtlichen Bürgermeisters als Stadtoberhaupt und des hauptamtlichen Stadtdirektors als Behördenleiter wurde auf Nordrhein-Westfalen – und damit auch auf Blomberg – übertragen.
Karl Köhne (1893–1957; SPD) war zunächst von den Alliierten als Bürgermeister eingesetzt worden. Er wurde dann nach der Gemeinderatswahl vom 15. September 1946 in seinem Amt bestätigt und somit erster frei gewählter Bürgermeister Blombergs nach dem Zweiten Weltkrieg.
Wilhelm Große-Brauckmann (1888–1959) folgte ihm in der Zeit von 1950 bis 1952 in diesem Amt.
Von 1952 bis 1956 war August Wille (1900–1957; SPD) Bürgermeister der Stadt Blomberg.
Die durch den Stadtrat regelmäßig wiedergewählten Hauptverwaltungsbeamten wirkten in Blomberg mit einer hohen Amtsdauer und Kontinuität.
Zu nennen sind hier Stadtdirektor Walter Eggert von 1953 bis 1972 und Stadtdirektor Dr. Siegfried Pilgrim von 1972 bis 1999.
27 Jahre im Amt des Bürgermeisters
Mit Bürgermeister Heinrich Fritzemeier (1921–1983; SPD) bekam Blomberg im Jahr 1956 die prägende politische Kraft in der jungen Nachkriegsgeschichte der Stadt. Bis zu seinem Tod blieb er ununterbrochen 27 Jahre lang in diesem Amt als ehrenamtliche Stadtspitze. Er war von Haus aus Kaufmann, betrieb in seiner Heimatstadt ein Geschäft und war parteiübergreifend geschätzt und in der Bevölkerung beliebt. Mit Stadtdirektor Dr. Siegfried Pilgrim an seiner Seite gestaltete er das moderne Blomberg als Bildungs- und Wirtschaftsstandort.
Einen Schwerpunkt seines Schaffens legte er durchgängig immer auf die sozialen Komponenten des Gemeinwesens. In die Amtszeit Fritzemeiers fiel zudem die kommunale Gebietsreform in Nordrhein-Westfalen. In diesem Zuge wurden am 1. Januar 1970 die Kernstadt Blomberg sowie die umliegenden 18 Ortschaften zur Stadt Blomberg zusammengeschlossen. In vielen Gesprächen und später mit ausgleichendem Handeln verstand es Fritzemeier, das neue Gebilde (das insbesondere von den Dörfern zunächst kritisch beäugt wurde, da es mit dem Verlust der bisherigen Eigenständigkeit verbunden war) mit Leben zu erfüllen und zu einem neuen Gemeinwesen zu formen. Nach seinem Tod wurde 1986 ihm zu Ehren die Bürgermeister-Heinrich-Fritzemeier-Stiftung ins Leben gerufen, um ein bleibendes Andenken zu schaffen. Die Stiftung unterstützt Projekte aus den Bereichen Jugend- und Altenhilfe, Bildung, Heimatpflege, Sport, Kultur und Umweltschutz in der Blomberger Großgemeinde.
Der Rat der Stadt wählte 1983 den Finanzbeamten Arnold Weber (1936–2021; SPD) aus dem Ortsteil Cappel zu seinem Nachfolger. In seiner elfjährigen Amtszeit bis 1994 prägten bei steigenden Bevölkerungszahlen Fragen zur kommunalen Infrastruktur und aufkommende Finanzsorgen das politische Geschehen. Eine der landesweit ersten „Schwarz-Grünen-Koalitionen“ machte 1994 mit dem Gymnasiallehrer Dieter Machentanz (1937–2021; CDU) erstmalig einen Christdemokraten zum Bürgermeister der Nelkenstadt. Seine Wahlzeit bis 1999 blieb überschattet von den regelmäßigen Kontroversen mit Stadtdirektor Dr. Siegfried Pilgrim (SPD) über den richtigen Weg in der Stadtpolitik bei Finanzen, Stadt- und Dorfentwicklung sowie der Behördenleitung.
Landesweit führten die regelmäßigen Konflikte zwischen dem Bürgermeister (als „1. Bürger“ der Stadt im Ehrenamt) und dem Stadtdirektor (als hauptberuflicher Behördenleiter) sowie der Wunsch nach effizienteren Entscheidungsstrukturen weg von dieser „Doppelspitze“ hin zu einer „Einheitsspitze“ mit der Einführung der Funktion des hauptamtlichen Bürgermeisters, dessen eigenständige neue Rolle im Gemeinwesen einer Stadt zudem durch eine Direktwahl durch die Bevölkerung gestärkt wurde.
Bei der Kommunalwahl 1999 setzte sich Dr. Siegfried Pilgrim (geb. 1939; SPD) erfolgreich gegen Dieter Machentanz durch und wurde symbolträchtig zum ersten hauptamtlichen Bürgermeister in der Stadtgeschichte.
Vom Ratsherrn zum Stadtdirektor, vom Stadtdirektor zum Bürgermeister
Der gebürtige Göttinger Pilgrim machte 1960 sein Abitur, studierte Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre. Im Anschluss an die Promotion im Steuerrecht 1968 folgte dann 1969 das zweite juristische Staatsexamen. Nicht zuletzt dank seiner niederländischen Ehefrau Gretha wurde Blomberg zur neuen Heimat für das junge Ehepaar. Seine Tätigkeit in einer Blomberger Anwaltskanzlei wurde durch kommunalpolitisches Engagement begleitet, das Pilgrim 1970 in den Rat der Stadt führte; nur zwei Jahre später wurde er dort zum Stadtdirektor gewählt.
In seiner 32-jährigen Schaffenszeit als Hauptverwaltungsbeamter der Nelkenstadt setzte er erfolgreich eine Vielzahl von Projekten um. Die dynamische Entwicklung der jungen Großgemeinde hin zum Mittelzentrum des lippischen Südostens bleibt mit seinem Namen verbunden. Mit dem Start der Stadtsanierung und der Dorferneuerung gelang es Pilgrim, Fördergelder in Millionenhöhe nach Blomberg zu holen und für eine moderne Infrastruktur zu sorgen.
Mit der Gründung von vier kaufmännisch ausgerichteten Eigenbetrieben war Pilgrim gleichsam Pionier in der Verwaltungsmodernisierung, die der Gesetzgeber Jahre später faktisch mit der Einführung des „Neuen Kommunalen Finanzmanagements“ landesweit ausrollte.
Unter seiner Gesamtverantwortung erlebten die Stadtsparkasse Blomberg/Lippe und die kommunalen Stadtwerke der Blomberger Versorgungsbetriebe ihre Blütezeit. Pilgrim erkannte frühzeitig die Notwendigkeit der Förderung von Industrie und Gewerbe. Erfolgte zwar bereits schon 1966 die Verlegung des Firmensitzes von Phoenix Contact nach Blomberg, so standen die Folgejahre unter dem Zeichen eines enormen Wachstums.
Unter tatkräftiger Mitwirkung des Stadtdirektors konnten dem heutigen Weltunternehmen positive Standortbedingungen in Form von Planungssicherheit und vorausschauender Grundstückspolitik geboten werden, die die tiefe Verbundenheit zu Blomberg begründeten.
Mit dem Einsatz für die Ausweisung großzügiger Gewerbeflächen in „Feldohlentrup“ im Süden der Stadt wurde der Weg zum dynamischen Wirtschaftsstandort Blomberg begründet, der seinen vorläufigen Schlusspunkt mit der vorrangig gewerblichen Reaktivierung der Konversionsfläche „Nederlandpark“ erreicht hat. Sein gesamtes Wirken wurde auch überörtlich anerkannt und mündete unter anderem in der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande. Mit dem Ende der Wahlperiode 2004 ging Dr. Siegfried Pilgrim in den wohlverdienten Ruhestand – nach 32 Jahren damals als dienstältester Hauptverwaltungsbeamter in Nordrhein-Westfalen.
Generationswechsel als Beginn einer neuen Ära
Nach der Kommunalwahl 2004 zog Klaus Geise (geb. 1958; SPD) mit 46 Jahren in das Bürgermeister-Zimmer im Rathaus seiner Heimatstadt ein – zwei erfolgreiche Wiederwahlen in den Jahren 2009 und 2014 sollten folgen.
Sein kommunalpolitisches Engagement begann im Alter von 17 Jahren mit dem Eintritt in die Blomberger SPD. Dem folgte bereits 1980 die Ernennung in den Rat der Stadt – mit damals 22 Jahren war er das mit Abstand jüngste Mitglied des Gremiums und wurde später Vorsitzender des neuen Umweltausschusses. Geise studierte nach dem Abitur und Zivildienst in Bielefeld Soziologie (Praxisschwerpunkt: Öffentliche Verwaltung) und schloss erfolgreich mit dem Diplom ab.
1986 begann seine berufliche Laufbahn bei der Bezirksregierung in Düsseldorf mit dem parallelen Studium an der dortigen Fachhochschule für öffentliche Verwaltung. Nach drei weiteren Jahren bei der Landesbehörde kehrte der Diplom-Verwaltungswirt 1991 zurück in die Nelkenstadt. Dort wirkte er zunächst in der Steuerungsunterstützung der Behördenleitung sowie als Wirtschaftsförderungsbeauftragter. Seine Kompetenzen und Zuständigkeiten wuchsen mit den Jahren kontinuierlich an. 2000 stieg er nach der Wahl durch den Rat zum Beigeordneten und allgemeinen Vertreter des Bürgermeisters auf.
Den Aufgaben seiner Zeit stellte sich Geise immer mit Kompetenz und zugleich mit emotionaler Begeisterung für das Amt. Für seine Heimatstadt wirken zu dürfen, empfand er als besonderes Privileg. Der Ausbau des sozialen Gemeinwesens und eine verbesserte Infrastruktur in der gesamten Großgemeinde waren ständige Triebfedern seines Schaffens.
Stellvertretend seien hier nur genannt: Gründung des Netzwerks Wirtschaft-Schule, die in die Zukunft gerichtete Umgestaltung der Sozial- und Schullandschaft, ein moderner Kunstrasenplatz, Mitinitiator der Bürgerstiftung Zukunft Blomberg, umfassende Unterstützung von Blomberg-Marketing und weiterer ehrenamtlicher Aktivitäten, Prozesse zur Verwaltungsmodernisierung und nicht zuletzt umfangreiche Projekte der Dorf- und Stadtentwicklung, insbesondere hier die attraktive Umgestaltung der Plätze im historischen Altstadtkern. Höhepunkt seiner repräsentativen Verpflichtungen war der Empfang von Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac im Jahr 2005.
Nach rund 40 Jahren ehrenamtlicher und beruflicher Tätigkeit für seine Heimatstadt Blomberg hat sich Klaus Geise aus privaten Gründen entschieden, bei der Kommunalwahl 2020 nicht erneut für eine Wiederwahl anzutreten. Eine weitere Ära in der kommunalpolitischen Stadtgeschichte ging zu Ende und der nächste Generationswechsel im Amt des Bürgermeisters wurde möglich. Geise hingegen engagierte sich fortan erneut ehrenamtlich – als Ortsvorsteher für Blomberg-Süd und als Geschäftsführer des TV Blomberg.
Bürgermeister: Die Dörfer verwalteten sich einst selbst
Heutzutage ist das kaum noch vorstellbar, früher war es aber ganz normal: Auf den Dörfern herrschte Selbstverwaltung. Das bedeutet: Alle 18 Ortsteile der Stadt Blomberg, egal wie klein und mit wie wenigen Einwohnern ausgestattet, die 1970 im Zuge der Gebietsreform Teil der Nelkenstadt wurden, hatten bis Ende 1969 einen Bürgermeister. Der fungierte als Verwaltungschef und politisches Oberhaupt, zudem existierte überall ein Kommunalparlament, also ein Rat beziehungsweise Gemeinderat im Dorf. Zwar war es bereits vor 1970 vielerorts so, dass einzelne Verwaltungsaufgaben beispielsweise durch den Kreis oder das Land übernommen wurden und manche Dörfer in verschiedenen Bereichen kooperierten. Trotzdem war der Bürgermeister zuständig für viele wichtigen verwaltungstechnischen Angelegenheiten, beispielsweise das Einwohnermeldewesen.
Die Gebietsreform hatte folgerichtig das Ziel, diese traditionellen Strukturen in den Gemeinden zeitgemäßer zu gestalten. Somit wurden, letztendlich, auch an geografischen Gesichtspunkten orientiert, aus 18 umliegenden Dörfern und Blomberg die Stadt Blomberg. Die einstigen Dorfbürgermeister heißen heute, allerdings mit weniger Befugnissen, Ortsvorsteher und in Blomberg achtet man seit den 1970ern darauf, dass im Rat der Stadt auch immer Politiker aus den Ortsteilen vertreten sind.